Jahrhundertelang stand der karibische Inselstaat unter Fremdherrschaft. Doch die Sehnsucht nach Freiheit beherrschte die vielen europäischen Abenteurer und afrikanischen Sklaven, von denen die Haitianer abstammen. Nominell erklärten sie nach der Französischen Revolution ihre Unabhängigkeit. Praktisch sind sie bis heute in zahlreichen Abhängigkeiten gefangen. Und die große Sehnsucht nach Freiheit wird immer wieder von Korruption und Katastrophen ausgebremst. Das größte Erdbeben der haitianischen Geschichte spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Am 12. Januar 2010 wurde Haiti von einem Erdbeben heimgesucht, das über 300.000 Todesopfer forderte. Die gesamte Infrastruktur des Landes brach zusammen. Millionen Haitianer mussten in Obdachlosenlagern untergebracht und versorgt werden. Manche von ihnen leben heute noch dort. Es folgte eine beispiellose weltweite Welle an Hilfsbereitschaft. Doch noch immer sind viele Teile des Landes nicht wieder in der Normalität angekommen. Viele Haitianer verlassen deshalb ihr Land. Diese fehlende Perspektive, die hohe Arbeitslosigkeit und nicht zuletzt die korrupten Strukturen in Haiti blockieren echtes Wachstum. Hier sind strukturelle Veränderungen nötig.
"Später will ich einmal Bauarbeiter werden", weiß Dieune. "Jetzt schaue ich genau zu, wenn die Männer bauen. Und dann baue ich mit! Erst kommt der Boden, dann die Wände. Jetzt haben sie den Kindergarten gebaut. Aber für den bin ich schon zu groß. Ich gehe nämlich schon in die Schule. Wenn die neue Schule gebaut wird, kann ich bestimmt mithelfen. Dann kann ich später anderen Kindern auch so ein schönes Zimmer bauen, wie ich es hier habe. Und alle Kinder können dann duschen und zur Toilette gehen."
Dieune, der kleine Baumeister, war fünf Jahre alt, als ihn sein Vater ins Kinderheim Ça-Ira brachte. Die größte Katastrophe im Leben des stillen Jungen war allerdings nicht das Erdbeben, sondern der Tod seiner Mutter zwei Jahre vorher. Der Vater war mit seinen Kindern völlig überfordert und gab den Jüngsten im Kinderheim ab: Wenigstens er sollte eine Chance haben. Dieune ist immer noch recht schüchtern, doch beim Fußballspielen blüht er auf. Und wenn er den Bauleuten beim Arbeiten zuschaut.
In seiner Zeit in Ça-Ira erlebte Dieune, wie die Baustelle zu einem neuen Kinderheim wuchs. Vier Jahre dauerte es, bis alle Kinder des vom Erdbeben zerstörten Heims ein neues Dach über den Kopf bekamen. Manche älteren Kinder leben bereits außerhalb des Geländes. Ständig werden im Waisenhaus neue Kinder aufgenommen, deren Eltern sie nicht versorgen können. Mit Hilfe von Patenschaften ermöglicht GAiN ihren Aufenthalt. Inzwischen ist der Kindergarten fertig gestellt und hat seinen Betrieb aufgenommen. Dieune geht bereits zur (provisorischen) Schule, die aus Holzbaracken besteht. Er hat noch keine Kelle in der Hand, doch die Schule steht als nächstes Bauprojekt auf dem Plan. Der Zweitklässler profitiert von den Angeboten in Ça-Ira Genauso wie viele Kinder aus der Umgebung, die hier Starthilfe für eine bessere Zukunft erhalten.
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In nur einer Minute fiel das Kinderheim Ça-Ira im haitianischen Léogâne beim großen Erdbeben in sich zusammen. Einige Bewohner starben. 75 Kinder und Jugendliche standen vor dem Nichts und buchstäblich auf der Straße. Die christliche Gemeinde, die das Waisenhaus gegründet hatte, konnte es nicht wieder aufbauen. Direkt nach der Katastrophe half GAiN mit Nahrungsmitteln und Zelten. Und schließlich mit einem erweiterten Neubau des gesamten Kinderheims, mit Wohnhäusern, Kindergarten, Schule und Krankenstation. Viele Kinder haben hier inzwischen ein Zuhause gefunden.
Lesen Sie hier von den Erlebnissen einer Volontärin, die nach dem Erdbeben neun Monate im Kinderheim mithalf.
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Sommer 2008: In "Ein Quantum Trost" rast James Bond auf einem Motorrad durch Port-au-Prince. Das exotische Flair dieser karibischen Stadt ist das perfekte Setting für einen aufregenden Action-Thriller. Zwei Jahre später liegt die Stadt in Trümmern, das Zentrum ist nach einem verheerenden Erdbeben ein einziger Schuttberg. Kein anderes Land der Welt braucht Trost und Hilfe dringender als das von Armut und Krankheit gebeutelte Haiti.
Andrea Wegener ist eine der Freiwilligen, die sich mit GAiN auf den Weg nach Haiti machen. Sie schildert in diesem packenden Buch, was für begeisternde und erschütternde, ermutigende und frustrierende Dinge man erleben kann, wenn man als Helfer in Krisengebieten mit anpackt. Sie war seit 2010 mehrfach in Haiti und erzählt eine außergewöhnliche und authentische Geschichte von ihrer Liebe zu den Menschen in Haiti.
176 Seiten, ISBN 978-3-86827-465-3, 12,95 Euro